Yoga – das beste Mittel gegen Stress!
Für Leute, die ständig unter Anspannung stehen, ist Yoga ideal. Doch Adrenalin-Junkies können die Ruhe beim Yoga meist nur schwer aushalten. Warum sie trotzdem dabei bleiben sollten und warum Yoga besser gegen Stress hilft als Joggen, lesen Sie hier.
Wenn Sie morgens Ärger mit ihrem Sohn Roman, 5, hat, spürt Doris, 36, wie sie verspannt und wie sich diese innerliche Anspannung im Rücken bemerkbar macht. Besonders dann, wenn Roman auch nach dem dritten Versuch noch nicht aufstehen will und sie pünktlich ins Büro muss.
Einen Bandscheibenvorfall hat die Bankkauffrau und zweifache Mutter schon hinter sich. Sie meldet sich zum Yogakurs an, um ihren Rücken zu stärken und vom Alltagsstress runterzukommen. Drei oder vier Mal macht sie mit. Dann fährt sie in den Urlaub, unterbricht den Kurs – und geht danach nie wieder hin. Dabei ist sie überzeugt, dass ihr Yoga gut tun würde. Auch mit dem Lehrer ist sie zufrieden. Trotzdem: „Sport hat für mich was mit Schwitzen zu tun“, sagt sie. Beim Yoga fehlt ihr die Anstrengung.
„So geht es vielen“, sagt Dr. Anna Paul, Leiterin der Mind/Body Medicine im Bereich Naturheilkunde und Integrative Medizin der Kliniken Essen-Mitte. Sie leitet auch Seminare zu Stressbewältigung und weiß: „Für Leute, die im Stress sind, ist Yoga eine echte Herausforderung.“
Jogging oder Aerobic funktionieren dagegen meist problemlos. Sie weiß auch warum: „Stress ist ein Reiz für den Körper. Um die Anforderungen zu schaffen, steigt unter anderem das Stresshormon Adrenalin an, der Herzschlag wird schneller und die Atmung flacher. Joggen oder Aerobic kommen diesem erhöhten Erregungsniveau entgegen“, erklärt sie.
Beim Yoga muss man runterfahren und genau das fällt vielen Einsteigern schwer. Aber warum soll man auch zum Yoga gehen, wenn es nach einem stressigen Tag im Büro angenehmer ist, die Joggingschuhe zu schnüren und loszulaufen? „Beim Joggen baut man zwar Stress und Spannung ab, aber nur beim Yoga trainiert man auch die Fähigkeit, sich zu entspannen“, erklärt Dr. Paul. Und genau das ist wichtig, um auch mit Situationen klarzukommen, in denen man sich nicht bewegen oder weglaufen kann.
Wie bei Doris, wenn ihr Sohn mal wieder nicht aufstehen will. Zwar wird auch Yoga das Kind nicht schneller aus dem Bett holen, aber es kann der Mutter helfen, in solchen Situationen gelassener zu bleiben, was wiederum ihrem angespannten Rücken zu Gute kommt.
Martina, 40, kennt diese Gelassenheit. In ihrem PR-Job in Hamburg hat sie in stressigen Phasen über mehrere Wochen lang abends bis 22 oder 23 Uhr gearbeitet. Sie ist überzeugt, dass sie das Pensum ohne Yoga nicht geschafft hätte: „Die Stressresistenz und die Belastbarkeit sind dadurch einfach höher“, sagt sie.
Morgens um 7 Uhr hat sie ihre Yoga-Matte auf den Rucksack geschnallt und ist losgeradelt zur Alster. Dort angekommen suchte sie sich einen Bootssteg, um ihre Übungen zu machen. Sie ist absolut überzeugt von dem positiven Effekt, unterrichtet inzwischen selbst Yoga und kümmert sich um die Pressearbeit der Sivananda-Yoga-Zentren, die seit über 50 Jahren klassisches Yoga lehren. „Beim Yoga kann ich wirklich Stress abbauen, während ich ihn mit Fernsehen oder einem Glas Wein am Abend nur zudecke“, erzählt sie.
Wie kommt es zu diesem Effekt? „Es ist, als würde man einen Schalter im Kopf umlegen“, sagt Yoga-Expertin Dr. Anna Paul. „Durch die Kombination aus Haltungs-, Dehnungs- und Atemübungen normalisieren sich Atmung, Blutdruck und Herzfrequenz.“
Das bestätigt auch eine Studie, die im Institut für Integrative Medizin durchgeführt wurde, an dem Dr. Paul arbeitet. 16 gestresste Frauen haben über drei Monate hinweg jede Woche zweimal 90 Minuten an einem Iyengar-Yoga-Kurs teilgenommen. Iyengar-Yoga ist eine fordernde Yoga-Variante, bei der mit Hilfsgeräten wie Gurten, Klötzen und Polstern gearbeitet wird. Neben den 16 Kursteilnehmerinnen gab es 8 weitere Frauen, die auf der Warteliste standen.
Die Teilnehmerinnen gaben nach den drei Monaten an, dass sie sich weniger gestresst fühlen. Die Blutwerte bestätigten ihre Wahrnehmung: Das Stresshormon Cortisol war deutlich gesunken. Im Vergleich zur Wartegruppe waren auch vorhandene Ängste, Depressionen sowie Kopf- und Rückenschmerzen zurückgegangen.
Schön und gut, aber was macht man, wenn einem für Yoga die Ruhe fehlt? Das Wichtigste laut Dr. Paul, selbst seit 40 Jahren aktiver Yogi: „Nicht aufhören, wenn es langweilt.“ Der Entspannungseffekt ist manchmal nicht sofort spürbar, da die innere Unruhe im Vordergrund steht. „Yoga ist kein Aspirin. Man braucht Geduld, bis sich die positiven Effekte einstellen.“
Birgit, 44, kann das nur bestätigen. Sie arbeitet in der Geschäftsleitung einer Mediaagentur und war zunächst begeistert von der Vorstellung, durch Yoga-Übungen ihre Gedanken zumindest zeitweise ausschalten zu können. Die Praxis sah dann anders aus: „Durch die Ruhe im Raum kreisten meine Gedanken erst recht wild durch den Kopf“, erzählt sie. Das lange, ruhige Sitzen und die kontrollierten, langsamen Bewegungen fielen ihr schwer. Trotzdem blieb sie dabei, weil sie schon nach den ersten Stunden merkte, dass sie hinterher richtig wach und energiegeladen war. Ungefähr drei Monate Yogapraxis brauchte sie, dann schaffte sie es, schon in den ersten Minuten der Stunde ihre unruhigen Gedanken abzulegen.
Allen, die anfangs noch zu aufgedreht für den Yoga-Kurs sind, rät Dr. Paul, vor dem Kurs noch mal aktiv zu werden und zum Beispiel eine halbe Stunde zu joggen. Sie ist sich sicher: „Yoga ist genau richtig für unruhige Leute. Denn im Gegensatz etwa zur Meditation können sie sich während der Stunde bewegen.“